Elite Dangerous


Ich habe lange überlegt, welches Spiel sich als Erstvorstellung am Besten eignet. Doch am Ende gab es nur eine logische Wahl: Elite Dangerous oder vielmehr sein Vorgänger Elite aus dem Jahre 1984. Kein anderes Spiel hat die Art, wie Spiele gesehen wurden, derart verändert.


Titelbild

Einleitung

 

Bevor wir zu Elite Dangerous kommen, ist es notwendig, ein wenig die Hintergründe zu beleuchten. Der Kerngedanke von Elite bestand darin, eine Science-Fiction Simulation zu erschaffen, welche das Universum realistisch und erlebbar macht. Die Entwickler wurden hier durchaus von "2001: Odyssey im Weltraum" inspiriert, welche Ähnliches für Filme erreicht hatte.

 

Elite (1984)

 

Das Original-Elite brach hierfür mit mehreren Konventionen und führte eine ganz neue Art Spiel ein. Der Spielwelt wurde mit 3D-Vektorgrafik und polygonalen Raumschiffen ein Gesicht gegeben, auf den 8 Galaxiekarten tummelten sich hunderte möglicher Sternensysteme. Das Kernprinzip bestand gleichwohl aus dem Warenhandel zwischen unterschiedlichen Raumstationen, ergänzt von Raumkämpfen mit feindlichen Raumschiffen und den außerirdischen Thargoiden. Unvergessen das anfänglich schwere manuelle Andocken an eine Raumstation und der Donauwalzer, der später mit einem Andockcomputer abgespielt wurde. Elite brachte die Computertechnik an die Grenze der damaligen Leistungsfähigkeit.

 

Elite II Frontier (1993)

 

Frontier baute als direkter Nachfolger Konzept und Idee des Erstlings konsequent aus. Die grafische Darstellung wurde aufgewertet und die Komplexität der Sonnensysteme ausgebaut. Man konnte nun nicht nur auf Raumstationen, sondern auch auf Planeten landen. Ein umfangreiches Missionssystem wurde eingeführt und der Versuch gestartet, das Elite-Universum durch kleine Geschichten immersiver zu gestalten. Mit der gestiegenen Rechenleistung konnte die ursprüngliche Idee zum geplanten Ideal geführt werden.

 

Elite III Frontier: First Encounters (1995)

 

First Encounters sollte die Erfolgsreihe fortsetzen, aufgrund des kurzen Entwicklungszeitraums waren aber nicht mehr große Sprünge zu erwarten. So beinhaltete der dritte Teil zwar mehr Schiffe und erstmals einen echten Storyverlauf, konnte als Spiel aber überhaupt nicht überzeugen. Das Spiel war dermaßen von Bugs geplagt, dass es für lange Zeit als quasi unspielbar galt. Was bei Elite II noch als Fan tolerierbar war, führte bei Elite III letztlich zum Bruch mit der Reihe, weshalb diese Geschichte hier zunächst für sehr lange Zeit endete und von Konkurrenzprodukten übernommen wurde.

 

Elite Dangerous (2014)

 

Doch nun zurück zum aktuellen Ableger. Bemerkenswert hieran ist zunächst, dass es unter der Leitung von David Braben entwickelt wurde, der auch für die Entwicklung der ursprünglichen Elite-Spiele verantwortlich war. Es war somit zu erwarten, dass Elite Dangerous den Vorbildern weitestgehend folgen wird.

 

Elite Dangerous präsentiert sich in einer zeitgemäßen optischen Darstellung mit komplexen Schiffsmodellen und hochwertigen Texturen. Die Schiffe selbst entstammen fast alle den Vorgängern und versuchen, zeitgemäßes Design mit den alten Polygonmodellen zu verbinden. Auf diese Weise entsteht ein zeitgleich nostalgisches und modernes Gefühl, wenn man sein Schiff betrachtet. Zusätzlich kann man sich jedoch die Originalmodelle als Dekoration ins Cockpit stellen.

 

Der Simulationsansatz wurde stark ausgebaut und liefert dadurch viel Spielsubstanz, erfordert aber ebensoviel Geduld. Das dreidimensionale Universum ist riesig und enthält unzählige Sternensysteme. Jedes System wiederum enthält teilweise über ein Dutzend Planeten, die alle erkundet und vermessen werden können. Der Anflug der Stationen und Planeten folgt möglichst realistischer Flugphysik und entspricht den Ansätzen von Elite II. Es gibt eine Vielzahl an Missionsarten und Möglichkeiten, seinen Rang zu verbessern und Geld für neue Schiffe und Ausrüstung zu verdienen.

 

Mit dem Addon "Horizons" wurde auch das Landen auf Planeten möglich. Ob Absicht oder Zufall, ironischerweise ist diese Möglichkeit so unspektakulär umgesetzt, dass sich alte Spieler sofort an Elite II+III erinnern und sich heimisch fühlen werden. Ohnehin fühlt man in fast jedem Aspekt des Spiels, wie die Oldtimer hier in ein zeitgemäßes Gewand überführt wurden, ohne von den Originalen allzuviel zu opfern - wahrlich erstaunlich.

 

Warum "Dangerous" ?

 

Bisher könnte man auf den Gedanken kommen, Elite Dangerous sei eine sehr ruhige, unaufgeregte Simulation mit sporadischen Raumkämpfen und entspanntem Handel. Der Titel legt allerdings eher eine Verortung in PVP-Gefilden nahe. Und in der Tat leitet sich der Zusatz davon ab - denn Elite Dangerous ist im Grunde ein MMO. Zumindest in der Theorie durchstreifen alle Spieler dasselbe Universum, können aufeinander treffen und sich in Raumgefechten messen. Und da es sich um eine Simulation handelt, bedeutet ein Abschuss zwar nicht das Ende des eigenen Lebens, wohl aber das des eigenen Schiffes. Sofern man also nicht genügend Geld hat, um sich die Wiederbeschaffung des alten Schiffes zu einem Sonderpreis leisten zu können, fängt man wieder bei Null an.

 

Aber das ist nur Theorie. Denn in der Praxis ist das Univsersum dermaßen riesig, dass es sehr unwahrscheinlich ist, überhaupt auf andere Spieler zu treffen. Das ist im Grunde nur bei bestimmten Hotspots der Fall, um die sich viele Spieler tummeln. Es sei denn natürlich, man hat das Spiel gar nicht online, sondern als Privatsession gestartet - was am Spiel im Grunde nichts ändert und den Ansatz "Dangerous" doch sehr stark limitiert.

 

Fazit

 

Aus der Sicht eines alten Hasen ist Elite Dangerous die - fast - perfekte Neufassung der alten Klassiker, vor allem von Elite II. Es enthält alle Elemente der alten Titel, entsprechend modernisiert und mit Augenmaß ausgebaut. Aus heutiger Sicht lässt sich aber dennoch nicht verhehlen, dass Spielmechaniken sich seit 1995 weiterentwickelt haben und das Konzept "Entdecken, Handeln, Kämpfen" in einer Weltraum-Sandbox nicht mehr ganz hinreichend sein könnte. An genau diese Kritik richtet sich das neueste Addon "Odyssey", das dem Spiel gewissermassen eine Egoshooter-Komponente hinzufügt - und wovon die Konsolenfassungen fürs erste zum Glück verschont bleiben.

 

Denn das ist zweifellos modern - aber ganz sicher ist das kein Elite. Es wird daher spannend zu sehen, ob es gelingt, diese Komponente immersiv in das alte Spielprinzip einzufügen. Das Grundspiel inklusive Horizons ist aber für jeden empfehlenswert, der sich eine ruhige Weltraumsimulation wünscht statt hektischer Dauergefechte.


Anflug auf Raumstation Galaxiekarte Systemkarte


Veröffentlicht:
01.08.2021
Letzte Änderung: 18.08.2021